Longevity ist: Mikro-Gewohnheiten in den Alltag integrieren
Auf dem Weg zu einem gesünderen Leben, sind es oft nicht die großen, dramatischen Veränderungen, die den Unterschied machen – sondern die kleinen, alltäglichen Gewohnheiten. Diesem Thema haben sich schon viele renommierte Wissenschaftler angenommen und herausgefunden, wie kleine Verhaltensänderungen – sogenannte Healthy Habits – zu nachhaltigen Verbesserungen im Leben führen können.
Gesünder älter zu werden hat viel mit genau diesen kleinen Veränderungen zu tun, die uns guttun. Schauen wir uns in diesem Artikel genauer an, wie man mit ein wenig Selbstmanagement gesunde Routinen einführen kann, die in Summe gesehen einen großen Einfluss auf ein gesünderes und längeres Leben haben.
Die Wissenschaft der Verhaltensänderung
Verhaltensänderung ist der Schlüssel zu einem gesünderen Lebensstil – aber warum fällt es uns oft so schwer, neue Gewohnheiten zu etablieren? Die Antwort liegt in unserem Gehirn und dessen Vorliebe für bekannte Routinen. Neurowissenschaftliche Forschungen zeigen, dass Gewohnheiten in den Basalganglien geformt werden. Das ist ein Teil des Gehirns, der für automatisierte Verhaltensweisen zuständig ist. „Immer schon so gemacht“, ist für unser Gehirn einfacher und energiesparender als „Lass uns mal was ausprobieren…“.
BJ Fogg, Verhaltensforscher an der Stanford University, argumentiert in seinem Buch „Tiny Habits“, dass der Schlüssel zu erfolgreicher Verhaltensänderung darin liegt, mit sehr kleinen, einfachen Schritten zu beginnen. Diese Herangehensweise umgeht natürliche Widerstände unseres Gehirns gegen Veränderungen.
Das Tiny Habits-Modell von BJ Fogg
Foggs Modell basiert auf drei Schlüsselelementen:
- „Winzigkeit“ meint sehr kleine Veränderungen: Beginnee mit einer Verhaltensweise, die so klein ist, dass du sie auf jeden Fall ausführen können. Dies reduziert den gefühlten Aufwand und den Widerstand gegen die neue Gewohnheit.
- Anker setzen: Verknüpfe die neue Gewohnheit mit einer bereits bestehenden Routine – man nennt das „Gewohnheitskopplung“. Dies nutzt die Kraft bestehender neuronaler Pfade im Gehirn.
- Sofortige Anerkennung: Belohne dich unmittelbar nach der Ausführung der neuen Gewohnheit. Dies aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn und verstärkt die positive Assoziation mit der neuen Gewohnheit.
Ein einfaches Beispiel: Wenn du mehr Wasser trinken möchtest, beginne damit, in jeder kleinen Pause (Anker) einen einzigen Schluck Wasser zu trinken (winzige Gewohnheit) und dich dann selbst dafür zu loben (Feier). So simpel kannst du gesunde Routinen etablieren.
Die Atomic Habits-Theorie von James Clear
James Clear erweitert dieses Konzept in seinem Buch „Atomic Habits“. Er betont, dass winzige Veränderungen, wenn sie konsequent über längere Zeit praktiziert werden, zu bemerkenswerten Ergebnissen führen können. Clear argumentiert, dass Verbesserungen von nur 1% pro Tag über ein Jahr zu einer 37-fachen Verbesserung führen können.
Clears vier Gesetze der Verhaltensänderung:
- Mach es offensichtlich (Cue): Gestalte deine Umgebung so, dass Hinweise auf die gewünschte Gewohnheit sichtbar sind.
- Mach es attraktiv (Craving): Verbinde die neue Gewohnheit mit etwas, das du genießt oder schätzt.
- Mach es einfach (Response): Reduziere die Reibung zwischen dir und der gewünschten Gewohnheit.
- Mach es befriedigend (Reward): Schaffe sofortige Belohnungen für das Ausführen der Gewohnheit.
Ein einfaches Beispiel: Um mehr zu lesen, lege ein Buch sichtbar neben dein Bett (offensichtlich), wähle ein faszinierendes Thema (attraktiv), nimm dir vor, nur eine Seite pro Tag zu lesen (einfach), und tracke Lesefortschritte in einem Journal (befriedigend).
Nudging: Sanfte Anstöße zu besseren Entscheidungen
Aus der Praxis nehmen wir noch ein weiteres Konzept der Verhaltensökonomie mit dazu, das „Nudging“. Nudging wurde von Richard Thaler und Cass Sunstein entwickelt und beschreibt, wie man Menschen durch kleine Veränderungen in ihrer Umgebung zu besseren Entscheidungen „anstupsen“ kann, ohne ihre Wahlfreiheit einzuschränken.
So unterstützt Nudging Mikro-Gewohnheiten:
- Umgebungsgestaltung: Platziere deine Yogamatte sichtbar neben deinem Bett, um morgens daran erinnert zu werden, deine Übungen auszuführen.
- Standardoptionen: Stelle dein Smartphone so ein, dass es abends automatisch in den „Nicht stören“-Modus wechselt, um besseren Schlaf zu fördern.
- Soziale Normen: Teile Fortschritte mit Freunden, um positive soziale Verstärkung in deinen Vorhaben zu erhalten.
- Feedback-Schleifen: Nutze Apps oder Wearables, die dir unmittelbares Feedback zu deinen Gewohnheiten geben.
Die Bedeutung kleinster Veränderungen
Fassen wir nochmal zusammen, warum kleine/ kleinste Veränderungen so effektiv sind:
- Sie helfen, Widerstand zu überwinden: Kleine Schritte umgehen unseren inneren Widerstand gegen Veränderung, indem sie die wahrgenommene Schwierigkeit reduzieren.
- Sie bauen Selbstvertrauen auf: Jeder erfolgreiche kleine Schritt stärkt unser Vertrauen in unsere Fähigkeit zur Veränderung, was zu einer positiven Feedback-Schleife führt.
- Sie verstärken den Compound-Effekt: Kleine, konsistente Verbesserungen summieren sich über Zeit zu großen Ergebnissen, ähnlich dem Zinseszinseffekt in der Finanzwelt.
- Sie sind nachhaltig: Kleine Veränderungen sind leichter in den Alltag zu integrieren und daher nachhaltiger als radikale Umstellungen.
Integriere gesunde Mikro-Gewohnheiten in dein Leben
Schritt 1: Wähle eine neue Gesundheitsgewohnheit
Zum gesund leben gehören folgende Punkte, die du mit Mikro-Gewohnheiten einfacher in Ihren Alltag integrieren können:
- Ernährung: Füge jeden Tag ein zusätzliches Stück Gemüse zu einer Mahlzeit hinzu.
- Bewegung: Mache jeden Morgen nach dem Aufstehen eine einzige Kniebeuge… und dann schrittweise mehr Übungen
- Meditation: Atme jeden Tag nach dem Zähneputzen einmal tief durch und konzentrieren dich dabei auf deinen Atem.
- Schlaf: Gehe jeden Abend eine Minute früher ins Bett.
- Soziale Verbindungen: Sendee täglich einer Person eine positive Nachricht.
Ein Tipp für den Einstieg in Longevity-Routinen. Überlege dir eine zu dir passende Morgenroutine. Ein gesunder Start in den Tag kann viel bewirken. Du kannst zu dieser Tageszeit meist ganz unbeeinflusst von außen etwas Neues festlegen.
Schritt 2: Achte auf deine Motivation
Während Healthy Habits der Schlüssel zum Erfolg sind, spielen Motivation und Zielsetzung eine wichtige unterstützende Rolle:
- Setze dir Prozess-Ziele statt Ergebnis-Ziele: Konzentriere dich auf die tägliche Ausführung deiner Mikro-Gewohnheit, nicht auf das Endergebnis.
- Visualisiere Erfolge: Stelle dir vor, wie du dich fühlen wirst, wenn die Gewohnheit fest etabliert ist.
- Tracke deinen Fortschritt: Führe Sie ein einfaches Tagebuch deiner täglichen Gewohnheiten.
- Feier kleine Erfolge: Würdigejeden Tag, an dem du deine Mikro-Gewohnheit ausgeführt hast.
Schritt 3: Und dann wäre da noch das Überwinden von Hindernissen
Auch bei der kleinteiligen Änderung von Gewohnheiten können Hindernisse auftreten, die du mit wirksamen Tricks überwinden kannst:
- Vergessen: Nutze visuelle Erinnerungen oder Smartphone-Apps.
- Fehlende Motivation: Erinnere dich an das „Warum“ – den tieferen Grund für die Veränderung.
- Rückschläge: Betrachte sie als Chancen, etwas zu lernen, nicht als Versagen.
- Ungeduld: Führe dir vor Augen, dass nachhaltige Veränderung Zeit benötigt.
Schritt 4: Wiederholen, wiederholen, …
So langweilig das klingt, so unpassend eine Gesundheitsroutine an manchen Tagen ist, wiederhole Routinen REGELMÄSSIG. Idealerweise findest du Routinen, die täglich funktionieren. Unser Gehirn liebt Gleichmäßigkeit, lass eine Routine an einem Tag aus… passiert vielleicht noch nichts. 2 Tage hintereinander signalisieren Ihrem Gehirn, „jetzt gibt es eine neue Routine“. Deshalb der gute Rat: Dranbleiben hilft!
Praktisches Beispiel: Kurze Yoga-Routinen
Yoga ist ein hervorragendes Beispiel für eine Aktivität, die sich perfekt für Mikro-Gewohnheiten eignet. Basierend auf den Prinzipien von Fogg, Clear und dem Nudging-Ansatz, kannst eine kurze Yoga-Übung in deinen Alltag integrieren – und eventuell zu deiner neuen Morgenroutine machen:
- Winziger Start (Fogg): Beginnee mit nur einer Yoga-Pose pro Tag, zum Beispiel einem „Sonnengruß“.
- Anker (Fogg): Verknüpfe die Yoga-Pose mit einer bestehenden Routine, zum Beispiel direkt nach dem Aufstehen oder vor dem Duschen.
- Offensichtlich machen (Clear): Lege die Yogamatte am Abend zuvor bereit.
- Attraktiv gestalten (Clear): Wähle Yoga-Posen, die du genießt oder die ein bestimmtes Körpergefühl vermitteln, das du schätzt.
- Einfach machen (Clear): Halte eine Liste mit 5-6 einfachen Posen griffbereit.
- Befriedigend machen (Clear): Führe ein Yoga-Tagebuch oder nutze eine App, um deine Fortschritte zu tracken.
- Nudging: Stelle einen sanften Wecker mit einer Yoga-bezogenen Erinnerung.
Beispiel für eine 5-Minuten Yoga Mikro-Routine:
- Berg-Pose (Tadasana): 30 Sekunden
- Vorwärtsbeuge (Uttanasana): 30 Sekunden
- Herabschauender Hund (Adho Mukha Svanasana): 1 Minute
- Katze-Kuh-Flows: 1 Minute
- Kindspose (Balasana): 1 Minute
- Einfacher Sitz mit tiefer Atmung (Sukhasana): 1 Minute
Healthy Habits: kleine Veränderungen – große Wirkung
Wie fühlt es sich an, Mikro-Gewohnheiten in den Tag zu integrieren und sich durch kleine Nudging-Anstupser an gesunde Gewohnheiten erinnern zu lassen? Beginne mit winzigen Schritten, optimiere deine Umgebung und du wirst schnell merken, wie du Fortschritte in Richtung eines gesünderen, längeren Lebens machst.
Wenn wir an Longevity denken, kommen einem schnell die GROSSEN Ziele in den Sinn. Gesund ernähren und abnehmen, viel mehr Fitness machen, den Arbeitsstil ändern. Unterschätze nicht die Macht der kleinen Gewohnheiten. Sie sind ein Kernelement unseres Longevity Lifestyle-Modells, in dem wir alle Praxistipps und fundierte wissenschaftliche Präventionsempfehlungen zusammen bringen.
Denke daran: Die Macht der Mikro-Gewohnheiten liegt in ihrer Einfachheit und Zugänglichkeit. Nutze dies Tag für Tag – und bringe schrittweise durch gesunde Routinen positive Veränderungen für ein längeres, gesünderes und erfüllteres Leben in deinen Alltag.